Chor TonArt ist bestes Beispiel dafür, dass neue erfolgreiche Ensembles nachwachsen / Chorleiter Daniel Brengmann startete ehrgeiziges Projekt
GREIMERSBURG/HAMBUCH. -kat- Deutschlandweit verstummen immer mehr Traditionschöre, weil der Nachwuchs fehlt. Daneben gibt es aber auch einen anderen Trend: die Entstehung neuer Ensembles, die losgelöst von kirchlichen oder gemeindlichen Strukturen agieren – aus Spaß am Singen, an Gemeinschaft und an der Unterhaltung anderer. Dazu zählt der Chor TonArt um Leiter Daniel Brengmann: Über die Faszination für Musik und ein ambitioniertes Projekt.
Die erste Reaktion, die Daniel Brengmann entgegen schwappte, war große Skepsis. „Das schaffen wir nie“, war die einhellige Meinung der Sängerinnen und Sänger auf den Vorschlag ihres Chorleiters, bei einem Konzert das „Requiem op. 48“ von Gabriel Fauré aufzuführen. Rund 35 Minuten mehrstimmiger Chorgesang, der einstudiert werden sollte – ein Werk, das selbst Profis vor Herausforderungen stellt, zumal das Zusammenspiel mit einem Orchester glücken muss. Waren da nicht Zweifel berechtigt?
Brengmann ließ sich von der Skepsis nicht beeindrucken und überzeugte schließlich auch die Chormitglieder. Das Ergebnis lässt sich hören, denn das Requiem ist eines der Werke, das am kommenden Sonntag in der Pfarrkirche in Kaisersesch bei einem ungewöhnlichen Projekt zur Aufführung kommt (siehe Infokasten). Denn statt auf populäre Melodien wird auf eher unbekannte Werke gesetzt. Die Konfrontation mit Neuem ist jedoch bewusst gewählt.
Woher kommt diese Experimentierfreude und die Suche nach Herausforderungen? „Aus der Freude heraus, diese Musik lebendig werden zu lassen“, sagt Brengmann. Und um Zuhörern die Möglichkeit zu geben, sich auf Neues einzulassen, sich nur auf die Ohren zu verlassen und die Musik wirken zu lassen. Seit frühester Kindheit hat den gebürtigen Hambucher die Leidenschaft für Musik ergriffen. Zu Beginn lebte er sie am Klavier aus. Bis er auf das Musikgymnasium nach Montabaur wechselte, das „viele neue Möglichkeiten“ eröffnete. So standen etwa Klarinette und Gesang auf dem Stundenplan. Hier, unter Schülern, die allesamt musikbegeistert waren, fühlte er sich wohl und arbeitete sich noch intensiver in die Welt der Noten ein.
Faible für Pädagogik und Musik
Nach der Schule begann Brengmann ein Musikstudium in Frankfurt, erhielt schließlich zunächst sein pädagogisches Musikdiplom, später auch das künstlerische. Letzteres vor allem aus der Neugierde heraus, noch mehr über Musik und ihre verschiedenen Facetten zu lernen. Bis zu vier Stunden am Tag saß er in dieser Zeit am Klavier, um zu üben. Doch was ihn noch mehr reizte, war die Möglichkeit, die Faszination dafür auch anderen zu vermitteln. Sein Faible für Pädagogik und Musik mündete schließlich in der Anstellung als Musiklehrer.
Noch während des Studiums gründete er den Chor „TonArt“ in seiner Heimatgemeinde Hambuch. „Das hat ja auch etwas mit Pädagogik zu tun“, grinst Brengmann, der inzwischen in Greimersburg wohnt. Schon zur ersten Infoveranstaltung vor elf Jahren seien „erstaunlich viele Interessierte gekommen“, erinnert sich der 35-Jährige. Darunter einige, die bereits Erfahrung im Chorgesang hatten, und andere, die einfach Lust hatten, ihre Stimme nicht nur im privaten Rahmen zu erheben. „Wir haben quasi bei null angefangen“, so der Chorleiter, der zunächst auf eingängige Stücke setzte und erste Auftritte lancierte. Die seien schließlich das Ziel, auf das wohl jeder Chor hinarbeite, sagt der Musiker. Lampenfieber und Applaus würden das Singen noch einmal reizvoller machen. Auf ein solches Ziel hinzuarbeiten, das schaffe zudem Gemeinschaft und Zusammenhalt.
Zwei Jahren lang für Auftritt geprobt
Mit der Zeit wuchs das Repertoire des Chores stetig.
Von Renaissancemusik bis hin zu Jazz und Pop wird seither stets die richtige TonArt gefunden. In den vergangenen Jahren stellten die Sängerinnen und Sänger bei zahlreichen Auftritten ihr Können unter Beweis. Als ihr Chorleiter sie mit dem neuen Projekt konfrontierte, wurden sie dennoch ein wenig kleinlaut. Das hat sich aber inzwischen geändert. Zwei Jahre lang arbeiteten die Chormitglieder immer wieder intensiv an den Werken, die am Sonntag zu hören sein werden. Erst vergangene Woche gab es ein erstes Zusammenspiel mit dem Streichorchester Sinfonietta Koblenz, das durch mehrere Solisten aus der Region musikalische Unterstützung findet. Ob das Experiment glücken wird, vermag Daniel Brengmann nicht zu sagen. Viele Sponsoren hat er davon jedoch bereits überzeugt. „Ohne die wäre ein solches Konzert nicht denkbar. Unter anderem müssen ja die Musiker aus Koblenz bezahlt werden“, erzählt der Musiker. Denn TonArt verfügt, anders als die meisten Traditionschöre, nicht über einen Träger. Das macht zum einen wohl den Erfolg aus, weil die Mitglieder unabhängig agieren können und nicht auf eine Gemeinde fixiert sind. Das schafft auf der anderen Seite aber auch neue Aufgaben, unter anderem die, immer wieder aufs Neue finanzielle Unterstützer zu finden. Sieht so vielleicht die Zukunft aus? Chöre, die es schaffen Zuhörer, Nachwuchssänger und Sponsoren zu begeistern, haben eine Überlebenschance? Der Hambucher Chor scheint diesbezüglich jedenfalls bereits die richtige Antwort gefunden zu haben.
Cochem-Zell AmWochenende vom Samstag, 27. Oktober 2018, Seite 4